Vegane Medikamente ohne Gelatine und Milchzucker

Wenn du dich für eine vegane Lebensweise entschieden hast und versuchst, tierische Produkte in deinem Alltag zu vermeiden. Die Frage nach veganen Medikamenten ist für viele Menschen ein wichtiges Thema. Viele von den enthalten Hilfsstoffe in Medikamenten sind tierischen Ursprungs, und einige Wirkstoffe werden direkt aus Tieren gewonnen. Wenn du zudem darauf achtest, nur tierversuchsfreie Medikamente zu verwenden, wird die Suche nach veganen Medikamenten noch komplizierter. Denn aktuell werden neue Arzneimittel in Deutschland (und weltweit) in der Regel erst nach Tests an Zellkulturen und Tierversuchen zugelassen. In diesem Artikel möchten wir dir aufzeigen, wie du herausfinden kannst, ob deine Medikamente vegan sind und in welchen Fällen es sinnvoll sein kann, einige Anpassungen vorzunehmen.

Die vegane Bewegung in Deutschland

In Deutschland gibt es mittlerweile rund 1,4 Millionen Menschen, die sich für einen veganen Lebensstil entschieden haben. Das bedeutet, dass sie nicht nur auf Fleisch und Milchprodukte verzichten, sondern auch Produkte wie Honig, Leder, Wollwaren und Daunen meiden. Aber auch viele Vegetarier:innen und Mischköster:innen möchten wenn möglich tierische Bestandteile in Medikamente meiden. Auch sie sind gegen Tierversuche und suchen immer häufiger nach Alternativen.

Tierische Inhaltsstoffe in Medikamenten

Einige Wirkstoffe in Medikamenten stammen direkt von Tieren. Zum Beispiel wird Heparin, ein Blutgerinnungshemmer zur Vorbeugung von Thrombosen, aus der Darmschleimhaut von Schweinen gewonnen. Chondroitinsulfat, das bei Gelenkverschleiß zur Knorpelregeneration eingesetzt wird, stammt aus den Knorpeln von Hühnern, Rindern oder Haien. Einige Ärzte verschreiben konjugierte Östrogene aus dem Urin trächtiger Stuten für die Hormontherapie. Die meisten dieser Stoffe können jedoch mittlerweile auch synthetisch hergestellt werden.

Einst wurde Insulin aus der Bauchspeicheldrüse von Rindern oder Schweinen gewonnen, doch heute erfolgt die Produktion oft gentechnisch mithilfe von Bakterien. Impfstoffe können eine ethische Frage aufwerfen, da es bisher (noch) keine veganen Alternativen gibt. Während der weltweiten Pandemie konnte man in aller Deutlichkeit sehen, dass auch hier viele Menschen Kompromisse eingegangen sind.

Tierische Inhaltsstoffe in Medikamenten und Alternativen

In Arzneimitteln dienen Hilfsstoffe dazu, den Wirkstoff zu stabilisieren und die Einnahme zu erleichtern. Sie können auch das Aussehen, den Geschmack oder die Haltbarkeit beeinflussen. Dazu gehören Konservierungsmittel, Geschmacksverbesserer, Verdünnungsmittel, Stabilisatoren und Antioxidantien. Einige dieser Hilfsstoffe können durch pflanzliche oder synthetische Alternativen ersetzt werden. Hier sind einige Beispiele:

• Bienenwachs: In einigen Medikamenten wird Bienenwachs als Beschichtung verwendet. Es kann durch pflanzliche Wachse wie Candelillawachs oder Sojawachs ersetzt werden.

• Carmine (E120), ein roter Farbstoff, der aus zerdrückten Cochenilleschildläusen gewonnen wird, kann durch pflanzliche Farbstoffe wie Rote-Bete-Saft oder Paprikaextrakt ersetzt werden.
  
• Gelatine wird aus der Haut und den Knochen von Schweinen gewonnen. In der Regel wird Gelatine in der Pharma durch Carrageen oder Hydroxypropylmethylcellulose ersetzt. Auch Agar-Agar oder andere pflanzliche Geliermittel können verwendet werden.

• Glycerin kann durch pflanzliche Alternativen wie Glycerin aus pflanzlichen Ölen ersetzt werden.

• Kollagen: Kollagen, das oft in Kosmetikprodukten und manchen Arzneimitteln zur Anwendung kommt, kann durch pflanzliche Kollagen-Alternativen oder andere feuchtigkeitsspendende Inhaltsstoffe ersetzt werden.

• Magnesiumstearat wird sowohl aus pflanzlichen als auch tierischen Quellen gewonnen werden. Sehr häufig wird auf Rindertalg zurück gegriffen. In zahlreichen Salben wird Magnesiumstearat verwendet und kann aber durch pflanzliche Fettsäuren oder Siliciumdioxid ersetzt werden.

• Milchzucker (Lactose) wird primär aus Molke gewonnen kann durch pflanzliche Zuckerarten wie Saccharose oder Stärke ersetzt werden.

• Schellack wie aus den Kot der Lackschildläuse gewonnen. kann durch pflanzliche Wachse oder Harze ersetzt werden. Es handelt sich dabei um eine harzige Substanz, die von den Läusen an Zweige in den Bäumen geklebt wird, damit der Nachwuchs darin heranwachsen kann. Der Lack wird wegen dem glänzenden Effekt leider auch in der Schokoladenproduktion für zum Beispiel Bonbons verwendet.

„Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht immer klar ist, ob ein Medikament tierische Bestandteile enthält. Die Beipackzettel bieten oft nur begrenzte Informationen dazu. In vielen Fällen können selbst Fachleute nicht sicher sagen, welche Medikamente nicht-vegane Inhaltsstoffe enthalten. Bei Fragen solltest du dich zunächst an deine Apotheke wenden. Apothekerinnen und Apotheker können dir alle Inhaltsstoffe eines Arzneimittels nennen.

Wenn du sicherstellen möchtest, dass dein Medikament vegan ist, kannst du auch den Hersteller kontaktieren. Beachte jedoch, dass selbst in solchen Fällen nicht immer alle Informationen verfügbar sind. Einige tierische Bestandteile werden möglicherweise nicht direkt im Medikament verwendet, sondern bei der Herstellung der Arznei, zum Beispiel tierische Fette zum Schmieren von Produktionsmaschinen.

Paraveganio^® – Paracetamol geht auch vegan

Das Gütesiegel der Veganblume wird von der britischen Vegan Society verliehen und bestätigt, dass keine tierischen Bestandteile im Produkt enthalten sind. Dies bedeutet, dass das Präparat bedenkenlos von Menschen, die sich vegan ernähren, zur Linderung von Fieber und Schmerzen verwendet werden kann. Paraveganio ist das erste vegan-zertifizierte Medikament weltweit. 

Ibuprofen und Paracetamol vegan

Die Vegane Gesellschaft Österreich e.V. hat eine Liste von Präparaten zusammengestellt, die als vegan angesehen werden können. Diese Liste basiert auf Informationen der Hersteller und deren Deklarationen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass sich die Formulierungen von Medikamenten ändern können, und es ist ratsam, die aktuellsten Informationen direkt beim Hersteller oder in der Apotheke zu erfragen. Hier sind einige Beispiele für Ibuprofen-Präparate, die als vegan betrachtet werden:

Ibuprofen

• Adolorin Direkt (200 mg, Suspension)
• Adolorin Direkt (400 mg, Suspension)
• Adolorin Express (400 mg, Tabletten)
• Dismenol (200 mg, Tabletten)
• Dismenol forte (400 mg, Tabletten)
• doc (5 %, Gel)
• Dolofort (400 mg, Tabletten)
• easydolor DUO (200 mg/500 mg, Tabletten)
• Ibucomp (200 mg, Tabletten)
• ib-u-ron (150 mg, Zäpfchen)
• ib-u-ron (75 mg, Zäpfchen)
• Neobrufen (400 mg, Brausegranulat)
• proff Schmerzcreme (50 mg/g, Creme)
• proff Schmerzgel (50 mg/g, Gel)
• ratioDolor Ibuprofen (300 mg, Tabletten)
• ratioDolor Ibuprofen (400 mg, Tabletten)
• ThomaDuo (400 mg, Tabletten)

Paracetamol

• ben-u-ron (250 mg, Zäpfchen)
• ben-u-ron (Saft)
• Buscopan plus Paracetamol (10 mg/500 mg, Tabletten)
• Dolomo (Tabletten)
• easydolor DUO (200 mg/500 mg, Tabletten)
• Grippostad (Pulver)
• Grippostad C fort (Granulat)
• InfluASS (Tabletten)
• Influbene (Pulver)
• Mexalen (200 mg/5 ml, Sirup)
• Mexalen (500 mg, Tabletten)
• Mexalen (500 mg, Zäpfchen)
• Mexa-Vit. C ratiopharm (Brausetabletten)
• Neuralgin (Tabletten)
• Paracetamol Genericon (500 mg, Tabletten)
• Paradolor Erdbeer-Vanille (250 mg, Granulat)
• Paradolor Erdbeer-Vanille (500 mg, Granulat)
• Paraveganio (500 mg, Tabletten) – zertifziert mit Veganblume
• Vivimed (333 mg, Tabletten)

Vegane Nahrungsergänzungsmittel und Vitaminpräparate

Bei Nahrungsergänzungsmitteln und Vitaminpräparaten ist es oft einfacher, vegane Alternativen zu finden. Einige Produkte sind bereits als vegan gekennzeichnet. Hier sind einige Beispiele:

• Omega-3-Fettsäuren: Diese werden von Mikroalgen produziert, und mittlerweile gibt es vegane Omega-3-Produkte direkt aus Algenöl.
• Vitamin D3: Dieses Vitamin wird häufig aus Schafwollfett hergestellt, aber es gibt mittlerweile auch Produkte mit veganem Vitamin D3 aus Flechten.
• Kosmetik: In der Kosmetikindustrie werden oft tierische Produkte wie Bienenwachs oder Wollwachs verwendet. Aber es gibt auch Kosmetikserien in Apotheken, die komplett vegan sind und ausschließlich pflanzliche Inhaltsstoffe enthalten.

Homöopathische Arzneien und Veganismus

Viele Veganer:innen schwören auf homöopathischen Mittel oder auf die Heilkunde. Auch bei homöopathischen Medikamenten ist Vorsicht geboten, da sie nicht automatisch vegan sind. Die Tabletten enthalten oft Lactose als Hilfsstoff. Als Alternative können Tropfen oder Globuli verwendet werden. Einige homöopathische Wirkstoffe stammen ebenfalls von Tieren, wie Schlangengift (Lachesis), Honigbiene (Apis mellifica) oder Tintenfisch (Sepia).

Je nach individuellem Krankheitsfall oder Schweregrad kann sich ein Blick in die Natur lohnen. Das beweist der YouTube Timo von Veganundunerhaltsam mit seinen humorvollen Videos und zeigt wie Wildkräuter und Heilkräuter erstaunliche Eigenschaften haben können.

Die Balance finden

Für Veganer:innen kann die Frage nach veganen Medikamenten zu schwierigen Entscheidungen führen. Solltest du auf ein wirksames Medikament gegen bestehende Beschwerden verzichten, weil es tierische Inhaltsstoffe enthält oder bei der Produktion Tierversuche durchgeführt wurden? Es ist wichtig zu verstehen, dass derzeit nicht alle medizinischen Bestandteile vollständig durch nicht-tierische Alternativen ersetzt werden können. Deine Gesundheit sollte immer an erster Stelle stehen, aber gleichzeitig kannst du bewusst nach veganen Optionen suchen, um deinem Lebensstil treu zu bleiben.

Disclaimer: Die Informationen in diesem Artikel dienen nur zu Informationszwecken und stellen keine medizinische, rechtliche oder professionelle Beratung dar. Die Auswahl und Anwendung von Medikamenten sollte immer in Absprache mit einem qualifizierten Arzt oder Apotheker erfolgen, der die individuellen Bedürfnisse und Gesundheitszustände berücksichtigen kann. Wir übernehmen keine Verantwortung für Schäden oder Verluste, die durch die Verwendung der in diesem Artikel bereitgestellten Informationen entstehen könnten. Es wird dringend empfohlen, vor der Anwendung von Medikamenten oder anderen Gesundheitsmaßnahmen professionellen Rat einzuholen.