Heute wollen wir uns im zweiten Teil der „Vegan Basics“-Serie mal etwas genauer anschauen, was „vegan“ eigentlich genau bedeutet. Klar, wir haben alle eine Vorstellung davon, vor allem die, die diesen Artikel lesen. Aber, so stelle ich zumindest immer wieder fest, nicht jedem ist so ganz genau klar, was es das heisst, vegan zu essen oder zu leben. Besonders bei Restaurant-Besuchen fällt mir das immer noch häufig auf, muss ich den Mitarbeitern erklären, dass auch Butter oder Honig wirklich nicht vegan sind. Also lasst uns noch mal kurz und knackig zusammenfassen, wann „vegan“ wirklich „vegan“ ist.

Definition von „Vegan“

Veganer lehnen die Nutzung von Tieren oder tierischen Produkten komplett ab. So könnte man das einfach zusammenfassen. Die Vegan Society definiert das Ganze etwas umfassender: »Veganismus bezeichnet eine Philosophie und einen Lebensstil, der versucht – soweit möglich und praktikabel –, alle Formen der Ausbeutung und des Leides gegenüber Tieren für Lebensmittel, Kleidung oder jeglichen anderen Grund zu vermeiden; und fördert darüber hinaus die Entwicklung und die Nutzung von nicht tierlichen Alternativen zum Vorteil für Mensch, Tier und Umwelt.«

Vegan essen oder vegan leben?

Die Definitionen zeigen gleichzeitig einen wichtigen Unterschied zwischen „vegan essen“ und „vegan leben“ auf. Wer möglichst komplett vegan leben möchte, muss nicht nur beim Einkauf von Lebensmitteln, sondern auch bei Kleidung, Kosmetik, Haushaltsreinigern und vielen weiteren Produkten genauer hinschauen, ob tierische Inhaltsstoffe enthalten sind.

Das klingt zunächst mal einfach: Man lässt erstmal alle ganz offensichtlichen Tierprodukte weg beim Einkauf von Lebensmitteln: Fleisch, Fisch, Eier, Milch und Milchprodukte sowie Honig. Bei Kauf von Kleidung verzichtet man auf Materialien wie Leder, Wolle, Seide – also alle Materialien, die aus Tieren hergestellt werden. Übrigens stimmt der Einwand, die Tiere seien doch sowieso für die Lebensmittelherstellung gestorben, man könne sie dann doch auch komplett „nutzen“, so nicht. Viele Tiere werden ganz gezielt wegen ihrer Felle oder anderer Bestandteile gezüchtet und getötet.

Glücklicherweise gibt es immer mehr vegane Kleidungshersteller und -läden, so dass der Verzicht auf tierische Bestandteile hier nicht mehr sonderlich schwierig ist. Aufpassen sollte man bei vermeintlichen Kunstpelz, da dieser nicht selten einen Anteil echten Pelzes enthält.

Kleidung, Kosmetik, Reinigungsprodukte und viele mehr

Auch Kosmetika und vegane Wasch- und Reinigungsprodukte bekommst du inzwischen in Drogeriemärkten, immer mehr Hersteller zeichnen diese veganen Produkte mit dem Symbol der Veganblume oder mit dem Wort “vegan“ aus. Rechtlich geschützt ist die Bezeichnung „vegan“ allerdings nicht. Eine Recherche auf der Herstellerseite oder eine Anfrage kann hier zusätzlich nützlich sein. Eine praktische Internetseite ist „Blanc e noir“, auf der du viele Listen zum Thema findest.

Trotzdem: Es ist nicht immer einfach festzustellen, ob man ein veganes Produkt kauft, denn in vielen Produkten sind tierische Bestandteile enthalten, die man dort niemals erwarten würde. Man spricht dann von sogenannten „versteckten tierischen Inhaltsstoffen“. Das gilt für Lebensmittel wie für Kosmetik gleichermaßen. Selbst ein Blick auf die Inhaltsangaben hilft nicht immer gleich weiter, da beispielsweise Zusatzstoffe tierischen Ursprungs sich hinter sogenannten E-Nummern verbergen. Hier findest du einen hilfreichen Artikel zum Thema.

Abgrenzung zu Vegetariern

Der Unterschied zwischen einer vegetarischen und einer veganen Ernährung liegt also darin, dass Vegetarier kein Fleisch und keinen Fisch essen, aber tierische Produkte wie Milch, Milchprodukte, Eier oder Honig weiterhin auf dem vegetarischen Speiseplan stehen – während Veganer komplett auf tierische Produkte verzichten. Der Begriff „vegan“ ist übrigens auch aus dem Wort „vegetarian“ entstanden, quasi daraus ausgeschnitten. Man liest in diesem Zusammenhang häufiger mal den Slogan »Cut out the crap!« (»Lass den Mist weg!«). Der Konsum von tierischen Produkten wird sozusagen »rausgeschnitten«, um sich auf das Wesentliche (»vegan«) zu konzentrieren.

Kann man 100% vegan leben?

Immer mehr Menschen ernähren sich vermutlich aus gesundheitlichen Gründen vegan, achten bei sonstigen Produkten aber nicht darauf, ob Tierisches enthalten ist. Bei Veganern, die aus moralisch-ethischen Gründen vegan leben, sollte das in der Regel anders aussehen. Kann man eigentlich zu 100% vegan leben? Das dürfte nicht möglich sein, zumindest nicht, wenn man ganz genau hinschaut. Das würde dann konsequenterweise bedeuten, keinerlei Tiere zu töten, also auch nicht Insekten beispielsweise. Spätestens wenn man über eine Wiese läuft oder mit dem Auto fährt, wird man ganz sicher für den Tod diverser Insekten verantwortlich sein.

Ein heikles Thema ist auch Medizin. Bei Operationen werden häufig tierische Produkte verwendet (z.B. aus Schweinedarm), viele Medikamente enthalten tierische Inhaltsstoffe oder sind zumindest an Tieren getestet. Verzichtet man auf lebensnotwendige Medikamente, wenn diese Tierisches enthalten? Man wird immer wieder mit solchen Fragen oder Dilemmas konfrontiert sein, keine Frage. Es gilt hier für jeden, seine individuellen Grenzen festzulegen. In dem Zusammenhang liest man häufig die Abkürzung „AVAP“, die für „as vegan as possible“, also „so vegan wie möglich“ steht: Man versucht eben, so gut und alltagspraktisch wie möglich, dafür zu sorgen, dass Tiere nicht für den eigenen Konsum leiden müssen.

Blick über den Tellerrand

Eine vegane Lebensweise hat zum Ziel, das Leben von Tieren zu schonen. Man darf und sollte als Veganer aber auch gerne ein wenig über den veganen Tellerrand hinausschauen, und beim Kauf von veganen Produkten auch darauf achten, ob Menschen für die Herstellung leiden mussten. Das gilt für allem für das Thema Kleidung: Kinderarbeit und Ausbeutung sind bei der Herstellung von Billig-Kleidung an der Tagesordnung, und auch bei den Rohstoffen sollte man auf eine ökologisch nachhaltige Auswahl von Stoffen achten. Eine nachhaltige vegane Lebensweise sollte also im besten Falle nicht nur Tiere, sondern auch Menschen schonen.

Gute Einstiegsbücher ins Thema sind übrigens „Ab heute vegan“, „Vegan – vegane Lebensweise für alle“ und der „Vegan Guide“.