Die Überschrift verrät es ja schon: Boris Lauser ist ein Mensch, bei dem keine Langeweile aufkommt. Er bietet in seinem Kreuzberger Loft – aber auch in einigen anderen Städten weltweit hier und da – fantastische Rohkost-Dinner-Abende an, er leitet Rohkost-Retreats z.B. auf Bali, ist auf Festivals und Messen vertreten, gibt Workshops und Kurse für Einsteiger und Fortgeschrittene, hat seine eigenen Produkte kreiert, die man in seinem Online-Shop kaufen kann und er bildet sich ständig weiter. Seine Raw Chef-Künste sind nicht ohne Grund auf ganz hohem Gourmet-Niveau, und verdientermaßen konnte er daher auch den Raw Power Award 2011 gewonnen. Die Lobesrede auf ihn ist wirklich sehr lesenswert.

Boris kommt eine Menge rum in der ganzen Welt, ist großer Yoga-Fan (er gibt auch hier Kurse), und ein wahnsinnig sympathischer, herzlicher und offener Mensch, der trotz aller seiner Erfolge in der Rohkost-Szene nicht die Spur von Arroganz versprüht, im Gegenteil. Ich kenne Boris seit ein paar Jahren und habe mit ihm viele gute Gespräche führen können und freue mich sehr, ihn kennen gelernt zu haben – übrigens lange bevor das Thema Rohkost für mich interessant wurde. Ich war auch bei einem seiner Dinner-Abende und durfte mich persönlich von der Qualität seiner Kreationen überzeugen. Es war wirklich toll. Wenn ihr mal dabei sein wollt, schaut mal auf diese Seite. Oder ihr liked gleich mal die Facebook Gruppe oder abonniert den Newsletter.

Sonja und ich haben Boris besucht, und er hat uns freundlicherweise viele Tipps und Inspirationen mit auf den Weg gegeben, die uns wirklich sehr helfen bei unserem Rohkost-Experiment. Vielen Dank noch mal dafür, Boris! Was uns gut gefallen hat: Boris ist kein dogmatischer Verfechter der Rohkost, dazu später mehr. Wenn er aber mal Lust auf eine gute gekochte Mahlzeit hat, so zelebriert er auch diese sehr. Boris liebt nämlich gutes Essen, und das hat eine Menge mit Italien zu tun. Wer mehr über Boris‘ Biographie erfahren möchte, der sollte unbedingt mal hier nachlesen, wo er sehr schön seinen eigenen Weg beschrieben hat.

Wir haben Boris natürlich auch interviewt, und er hat dankenswerterweise ausführlich geantwortet. Boris hat u.a. eine ganze Menge Tipps für Rohkost-Einsteiger parat, die ihr unbedingt lesen solltet!

Interview mit Boris Lauser

1. Seit wann bist du Rohköstler und was hat dich dazu bewegt, dich rohköstlich zu ernähren?
Lieber Patrick, zunächst einmal würde ich mich weder als Veganer noch als Rohköstler deklarieren, solche Kategorien finde ich immer sehr beengend und oft sozial kritisch. Ich würde mich vielleicht am ehesten als gesundheits- und qualitätsbewussten Flexitarier bezeichnen :-)

Ich bin nun seit mehr als 3 Jahren als veganer Gourmet Raw Chef selbständig und ernähre mich auch hauptsächlich von veganer Rohkost. Der Anteil schwankt zw. 70 und 100%. 100% Rohkost zu essen ist mir gar nicht so wichtig, vielmehr die Qualität dessen, was ich esse. Ich gehe sehr gerne auch zum Essen aus, und spannende Rohkost bekommt man leider extrem selten in Restaurants.

Generell ernähre ich mich aber schon seit vielen Jahren von viel Rohkost und einem sehr hohen Gemüse und Obst Anteil. Ich habe mit 16 Jahren ein Jahr ohne Zucker (ausser frischem Obst) gelebt und danach nie wieder so sehr auf die Zuckerschiene gekommen. Als Student in den USA fiel mir ein Buch in die Hände geschrieben von einem Harvard Professor, welcher die Ernährungspyramide auf den Kopf stellte und unten Gemüse und Obst ansiedelte, das hat meine Ernährung nachhaltig beeinflusst. Als ich dann als IT Berater bei der UNO in Italien arbeitete, habe ich mich bewusst immer mehr von den saisonalen frischen Produkten im sonnigen Rom ernährt und das war meist frisches Obst und Smoothies zum Frühstuck und ein grosser Salat zu Mittag. Abends dann gerne auch mal Pasta oder Fisch, aber immer noch mit Gemüse oder Salat dazu. 2005 kam ich dann für eine Konferenz nach San Francisco, wo ich im berühmten Café Gratitude einen vegan raw Cheesecake in der Vitrine erspähte, der mich als Käsekuchen Fan sofort anlachte. Beim ersten Bissen war es dann geschehen und der Rest ist Geschichte und nun Realität :-)

2. Welche Änderungen hast du an dir bemerkt nach der Umstellung?
Wie oben beschrieben hat sich meine Umstellung seit ich 16 war über mittlerweile 20 Jahre hinweggezogen. In diesen 20 Jahren habe ich ganz langsam aber kontinuierlich immer mehr Gemüse, frische, unverarbeitete Produkte, und Rohkost in meine Ernährung integriert. Aus diesem Grund sind auch die Umstellungen sehr dezent und kontinuierlich verlaufen. Ich kann also nicht von den Quanten Energiesprüngen oder heftigen Entgiftungserscheinungen berichten, wie z.B. David Wolfe oder andere Rohkost-Bekanntheiten, welche ihre Ernährung von Junk Food mehr oder weniger über Nacht umgestellt haben. Eine solche Umstellung halte ich auch generell für sehr ungesund, da der Körper generell Schockerlebnisse nicht gerne hat. Was ich aber sehr wohl in den letzten Jahren feststelle ist eine zunehmende Körperflexibilität, ein besseres Immunsystem, mehr Körperbewusstsein, eine viel bessere Haut und überhaupt ein Gefühl der Balance und Leichtigkeit, wie ich es vorher oft nicht hatte. Meine Allergien im Frühling, welche ich früher SEHR stark hatte, sind fast nicht mehr spürbar, meine Gesichtshaut ist zunehmend rein und geschmeidig und das obwohl ich ausser Wasser NICHTS an mein Gesicht lasse ;-)

Mein Körper wird auch zunehmend definierter und dank der Kombination mit Yoga und anderen Ausdauersport wie Laufen und Schwimmen, rekalibriert sich mein Körper sichtbar und ich löse zunehmend langjährig aufgebaute Verspannungen und Haltungsprobleme auf. Wie gesagt ist die Rohkost hier nur ein Element, körperliche Ausgeglichenheit durch Yoga, Fahrrad fahren, laufen und anderer Aktivitäten spielt hierbei eine ganz grosse Rolle, genauso wie die psychische Balance.

3. Aus der Ernährungsumstellung wurde dann irgendwann sogar ein Beruf. Wie kam es dazu und was machst du genau?
Bereits während meines Studiums zum Wirtschaftsingenieur war mir eigentlich bewusst, daß dies nicht das ist, was ich mein Leben lang machen möchte. Den klassischen Weg des Unternehmensberaters oder als Facharbeiter bei Firmen wie BMW, Procter&Gamble und co einzusteigen, lehnte ich ebenfalls intuitiv ab. Glücklicherweise fiel mir dann das Diplomarbeitsprojekt bei der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen in Rom, Italien in die Hände, wo dann aus einem 6 – monatigen Diplom Projekt am Ende eine 7 – jährige Projektarbeit in der Digitalbibliothek der UNO wurde. Die Zeit in Italien hat mich nachhaltig beeinflusst. Zum einen hat mich die frische der Produkte auf den täglichen Märkten beeindruckt und das Bewusstsein der Italiener für Saisonalität und Qualität ihrer Produkte. Mein Ex Boss und mittlerweile guter Freund ist begeisterter Hobby Koch und hat unsere Arbeitsgruppe immer wieder zu seinen leckeren Abenden in seiner Stadtwohnung in Rom oder auf sein Landhaus in Umbrien eingeladen. Meine ersten Mitbewohner war ein italienisches Pärchen und Diana hat mich nach langen Arbeitstagen bei der UNO Schritt für Schritt in die leckere sizilianische Küche eingeweiht. Viele meiner neuen Freunde waren Ernährungswissenschaftler, das fand ich unglaublich spannend. So habe ich in diesem Umfeld schnell meine Passion zum Essen und guter Ernährung entdeckt und bin somit auch schnell zum Gemüse liebenden Food Snob und Hobby Koch geworden :-) Meine Freunde meinten immer wieder, dass meine Dinner Parties etwas ganz besonderes seien und ich es so toll schaffe, die unterschiedlichsten Leute in einer angenehmen Atmosphäre zusammenzubringen. Aus diesem Feedback ist dann im Endeffekt mein Dinner Club entstanden :-)

Wie bereits oben angedeutet hat mich die Erfahrung bei Café Gratitude beeindruckt und der Wunsch, mehr über Rohkost zu lernen wurde enorm groß. Durch „Zufall“ hat mir dann ein Freund aus London von Dr. Gabriel Cousens und seinem Institut in Arizona erzählt, wo ich dann auch sofort auf der Internetseite das spannende 10 Wochen Programm zum Spiritual Life Food Instructor entdeckte. Das reizte mich sehr und der Wunsch, etwas neues anzufangen wurde grösser und grösser. 3 weitere Jahre dauerte es aber dennoch, bis ich dann endlich gehandelt habe und mir klar bewusst war, dass meine Zukunft nicht im Code schreiben für digitale Bibliotheken liegen kann. Ich war in einem Job, wo ich bewusst nur 50% von meinem Potential gegeben habe, weil ich zu mehr nicht motiviert war. Das war mir als 33 jähriger einfach zu wenig und ich spürte, ich muss jetzt etwas ändern. Also Job gekündigt, nach Berlin gezogen, Ausbildung in den USA gemacht und dann b.alive! gegründet. Unter dem Namen b.alive! bin ich nun seit 2009 tätig, betreibe in meiner Berliner Loft einen Dinner Club, in welchem auf Anmeldung 8-16 Leute mit 4-gängigen Gourmet Menüs beglückt werden, gebe eine Reihe an Kursen, bin für Caterings und auch private Coachings buchbar, werde europa und weltweit für Seminare, Workshops, Festivals und Retreats gebucht, wie z.B. das Raw Life Festival in Schweden oder das Luxus Yoga Lehrer Training Radiantly Alive auf Bali, und biete seit Januar diesen Jahres meinen eigenen 1 – wöchigen Rohkost Urlaub in tropischen wunderschönen Norden Balis in einem Luxusresort an. Das ist doch alles weitaus spannender als sich mit Klassifikationssystemen digitaler Bibliotheken zu beschäftigen ;-)

4. Was sind deine persönlichen 3 Tipps für alle Rohkost-Einsteiger?
Rohkost Einsteigern würde ich zunächst immer empfehlen, sich langsam an die Sache heranzutasten. Ich kenne genügend Fälle, die über Nacht zum 100% igen Rohköstler geworden sind und das relativ problemlos gemeistert haben. Der Großteil der Leute wird aber extreme Entgiftungserscheinungen erfahren, wenn er diesen doch sehr krassen Schritt geht. Entgiftungserscheinungen müssen nicht sein. Es muss uns nicht schlecht gehen, wenn wir unsere Ernährung umstellen, ganz im Gegenteil. Das ist ein Zeichen dafür, dass es zu schnell geht und unser Körper eher einen Schock erfährt. Ihr kennt alle den Jojo Effekt von den sogenannten Gesundheits Diäten. Ich bin hier ganz klar für moderates Handeln und einem langsamen Einstieg!

Am besten fängt man an, morgens mehr frisches Obst zu integrieren und schrittweise vom Brot und Croissant wegzukommen, das ist schon mal einen gute Basis. Dann immer mehr Salat zu den anderen Mahlzeiten integrieren, also einfach mal zu jeder Mahlzeit noch eine Rohkostkomponente mit einbauen. Den Nachmittags Schokoladenriegel ersetzt man am besten durch ein Stück frisches, saftiges Obst in Saison. Dann aber auch schrittweise den Anteil an Gemüse erhöhen und ganz langsam Pasta und Co und Fleisch oder Fisch zu Beilagengrössen reduzieren! Mit dieser Umstellung gibt es auch weniger psychologische und Akzeptanzprobleme, denn man verbietet sich erst einmal gar nichts, sonder lässt mehr zu, das ist am Anfang oft sehr hilfreich. Der Körper wird bei dieser Umstellung bald von selbst merken, wo wirklich die Nährstoffe herkommen. Wenn dann der Körper schon mal an Obst und Rohkost und Gemüse gewohnt ist, kann man mit den grünen Smoothies den richtigen Einstieg schaffen. Diese sind am besten morgens und zwischen den Mahlzeiten genossen und geben dem Körper die notwendigen Nähr- und Vitalstoffe, ohne ihn zu belasten! Grundsätzlich ist es sehr wichtig, so viel Grünes wie möglich im Tagesablauf zu integrieren, als Smoothie, Saft, Salat oder auch im gekochten Gemüse. Wenn ihr auch erstmal nur kleine Mengen Rohkost integriert, alles ist besser als gar keine Rohkost zu essen :-) Eine wichtige Basisregel jedoch, die ich jedem ans Herz legen möchte: Achtet beim Einkauf darauf, dass nicht mehr als 10% eures Korbes aus Päckchen kommt, wo mehr als EINE Zutat draufsteht. Wenn ihr anfangt, Dinge selbst zuzubereiten, aus reinen Basiszutaten, dann ist das schon der grösste Schritt, Rohkost oder nicht erstmal dahingestellt.

Was ich generell sehr wichtig finde ist, dass man sich nichts auferlegt. Wenn ich mich zu einer hohen Rohkost Ernährung oder sogar 100% zwingen muss und ich nur 100% bleiben kann, wenn ich Gelüste kompensieren muss und viele Nüsse und Trockenfrüchte zu mir nehme, um mein Verlangen nach Gekochtem oder Getreide und Pasta zu stillen, dann ist das sicherlich eine sehr ungesunde Haltung und führt nicht unbedingt zum Erfolg. Der Sinn der Rohkost ist nicht, um jeden Preis 100% zu sein, sondern vielmehr so viel Nährstoffe wie möglich aufzunehmen. Nüsse und Trockenfrüchte ist eine Kombination von viel Fett und viel Zucker, und zugleich sind Nüsse nicht sehr gut verdaulich bei Konsum von grossen Mengen. Deswegen macht es gerade am Anfang mehr Sinn, von Pasta, Brot und co zunächst auf vollwertige Zutaten wie Quinoa, Amaranth, Buchweizen und vollwertige Brote aus frisch gemahlenem Bio Mehl umzustellen, als dem Rohkost Hochzucker und -fettkonsum zu verfallen. Ein gekochter Quinoa mit einem Wildkräuter Pesto z.B. ist ein extrem nährstoffreiches Gericht, was Roh- und Kochkost wunderbar kombiniert vor allem in der Umstellung viele andere Gelüste nehmen kann! Eine Handvoll Nüsse am Tag ist mehr als genug!! Viel gesündere Fette kommen von Avocado, Hanfsamen und Kokosöl, Kokosbutter und dem Fleisch der jungen als auch alten Kokosnuss.

Den letzten Tipp, den ich euch hier mitgeben möchte: Habt Spass und geniesst das Leben :-) Macht eure Umstellung spannend und abwechslungsreich. Ladet Freunde zum Dinner ein, gebt euch Mühe, etwas selbst zuzubereiten und schön anzurichten. Ein paar Frühlingsblüten in den morgendlichen Obstsalat, den Salat schön zu dekorieren und das gemeinsame Zubereiten einer vielleicht etwas aufwendigeren Gourmet Rohkost Mahlzeit so wie meine Spaghetti Bolognese am Abend, machen Spass und das ganze zum Erlebnis, nicht zum Muß. Wichtig ist, dass ihr ausgeglichen seid und euch wohl fühlt mit dem, was ihr tut. Ihr müsst nicht auf alles verzichten. Wenn ihr erstmal von Fisch oder Fleisch nicht wegkommt, reduziert einfach den Konsum und kauft dann wirklich nur Hochqualitätsprodukte, da verbietet der Geldbeutel schon von alleine den täglichen Konsum dieser Produkte. Wenn euch Abends mal nach einem Wein oder Bier ist, dann trinkt eins, das ist kein Beinbruch, aber vielleicht greift man anstelle von Becks mal zu einem Lammsbräu oder Braumanufaktur oder sucht sich eine lokale kleine Brauerei. Und auch der Kaffee muss nicht gleich verschwinden, aber es könnte auch nachhaltiger Fairtrade Kaffee sein, den man dann öfter auch mal mit einer hausgemachten Kokos- oder Mandelmilch genießt. Rohkost gibt euch mehr und nimmt euch nichts weg, das zu verstehen ist der wichtigste Anker für den Neuling!

In diesem Sinne:

 b.open – b.passionate – b.alive!

Und hier mal einige Kostproben von Boris: