Sabine Weick Jung, maennlich, vegan Warum junge Maenner zu Veganern werden Eine essbiografische FallsudieJung, männlich, vegan“ – als ich diesen Buchtitel las, dachte ich gleich: Hey, davon passen zwei Dinge auf mich, muss ich lesen. Aber im Ernst: Eine Studie über Veganismus als Lebensstil hatte ich so noch nicht gelesen, und war gleich total interessiert. Der Untertitel lautet „Eine essbiografische Fallstudie„, und doch geht die Studie über die Ernährung alleine durchaus hinaus. Durchgeführt und geschrieben wurde die Studie von Sabine Weick, die als Ökotrophologin bei PETA Deutschland arbeitet. Sie selbst ist seit dem 22. Lebensjahr vegan.

Sabine Weick hat eine ganze Menge recherchiert, und sie hat ein paar junge männliche Veganer mehrfach eingehende interviewt. Die Ergebnisse sind vielleicht nicht völlig überraschend, aber ich finde sie sind wichtig. Sie zeigen nämlich u.a., dass die Entscheidung für eine vegane Lebensweise ganz unterschiedlichen Motivationen entspringt, und die Menschen ebenso völlig unterschiedlich sind, was ihre Biografie betrifft.

Veganismus als Protest

Die Autorin geht zunächst nach notwendigen Begriffsklärungen auf einen unheimlich wichtigen Aspekt ein: Wie sehr wir durch unsere Erziehung und unsere Esskultur geprägt werden, aber auch warum der Ausbruch aus diesen Prägungen oftmals in bestimmten Lebenssituationen oder Phasen erfolgt, wobei der Veganismus als eine mögliche Variante dieses Protestes gegen das Gewohnte hervorgehen kann. Gleichzeitig darf man nicht den Fehler machen, die Entscheidung zu einer veganen Ernährungs- oder Lebensweise lediglich als Protest abzutun – auch wenn vegan lebende Menschen natürlich auch gegen Tierleid oder Umweltzerstörung bewusst oder unbewusst protestieren: „Wenn ein Veganer keine tierischen Produkte verzehrt, so ist es Ausdruck einer emotionalen, politischen und weltanschaulichen Haltung gegenüber Tieren und der Umwelt“.

Veränderungsprozesse

Bestätigt gesehen hab ich mich in einem von mir oft geäußerten Argument, dass es nun mal ein mehr oder langer Prozess sein kann, der zu einer veganen Lebensweise führt. Und dass es unheimlich schwer sein kann, so tiefsitzende Gewohnheiten wie sein Essverhalten zu verändern. Auch die Ausführungen zum Stellenwert von Nahrung in unserer Gesellschaft sind hochspannend, der Wandel vom „unwissenden Konsumenten zu einem souveränen und mitverantwortlichen Verbraucherbürger“. Und so kann aus einer „Essmoral“ gar ein noch tiefergreifende Moralvorstellung werden – die Erweiterung der veganen Ernährungs- zu einer Lebensweise.

Genderaspekte und Fleisch

Weiterhin interessant sind die Ausführungen zu „Genderaspekten und Fleisch“ – Fleisch steht immer noch für Kraft und Männlichkeit. Ich will dem Buch auch nicht weiter vorgreifen bzw. möchte euch empfehlen, es zu lesen, wenn ihr euch ein wenig für die soziologischen und psychologischen Aspekte einer veganen Lebensweise interessiert. Ich fand es jedenfalls höchst interessant! Trotzdem möchte ich euch zur Sicherheit noch einmal darauf hinweisen, dass es kein Sachbuch im üblichen Sinne, sondern eine wissenschaftliche Arbeit ist, die nicht immer leicht weg zu lesen ist. Ein gewisses Interesse für eine wissenschaftliche Herangehensweise solltet ihr für die Lektüre mitbringen.

Weitere Infos zum Buch findet ihr beim Verlag.

„Jung, männlich, vegan“ von Sabine Weick. ibidem Verlag 2013, 156 Seiten, 24,95 Euro.