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Tattoos waren und sind immer schon Zeichen einer Bewegung gewesen und mittlerweile weit mehr, als ein gruppenkonstituierendes Merkmal. Tattoos sind Ausdruck, Schmuck, Individualitätszeichen, die Haut wird als Leinwand genutzt, zwischen Trend, Kunst und Lebenseinstellung. Die Farbe unter der Haut ist heute tolerierter denn je. Grund genug, sich einmal näher damit zu beschäftigen, denn immerhin sind auch viele Veganer*innen tätowiert.

Doch Tätowierungen sind nicht immer vegan. Manche Farben enthalten Schellak, besonders schwarze Tinte kann aus Charcoal (verbrannten Tierknochen) bestehen und die Nachpflege enthält oft Panthenol (Wollwachs). Aber es gibt viele Alternativen und immer mehr Tätowierer, die Wert darauf legen, tierleidfreie Kunst zu stechen.

Um mich zu informieren und sicher zu gehen, welche Farben vegan sind und welche Pflege für das frischgestochene Motiv am Besten geeignet ist, habe ich einen gefragt, der sich auskennt: Dennis Bernhardt von ‚Machete Deach Gallery‚ in Berlin.

Er lebt vegan, tätowiert vegan und hat seinen ganz eigenen Stil beim Tätowieren entwickelt: „Neotraditional“ nennt sich seine Kunst und bedeutet so viel wie ‚moderne Motive im traditionellen Stil gestochen’ – sein Fokus: wunderschöne und einzigartige Tiermotive!

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1. Ich habe gehört, viele Tätowierer üben immer noch auf Schweinehaut. Mythos oder Wahrheit? Was sind da die Alternativen?

Mittlerweile gehört dies zum Glück zum Mythos, dies war früher aber leider häufig der Fall. In der Regel machen nun die meisten anstrebenden Tätowierer ihre ersten Gehversuche auf ihrer eigenen Haut oder der eines Freundes- wohlgemerkt am Besten unter der Aufsicht eines erfahreneren Tätowierers.

 

2. „Vegane Tinte“, was bedeutet das genau?

In vielen (insbesondere alten) Farben sind leider tierliche Bestandteile wie vor Schellack, tierliches Glycerin oder vor allem in schwarzer Farbe Knochenkohle. Glücklicherweise erleben wir aber auch jetzt gerade den veganen Boom in der Tattooszene und es gibt immer mehr vegane Tätowiermittel.

 

3. Gibt es Farben die immer vegan sind? Wie kann ich als Kund*in sicher gehen?

Eine tendenziell immer vegane Farbe gibt es an sich, meines Wissens nach, leider nicht; allerdings gibt es mittlerweile einige komplett vegane Farbhersteller wie z.B.: Eternal Ink. Leider sind immer noch viele Tätowierer nicht mit veganen Tätowiermitteln vertraut, oder wissen nicht, welche ihrer Mittel vegan oder unvegan sind oder potenziell sein könnten. Das klügste, was ihr daher machen könnt ist, entweder euch direkt einen Tätowierer zu suchen, der selbst sagt, dass er vegane Mittel benutzt, oder aber nach den einzelnen Herstellern zu fragen, wobei man sich auch dabei auf die Ehrlichkeit des Tattoowierers verlassen können muss.

 

profl4. Mixt du bzw. dein Studio die Farben selbst?

Nein, wir benutzen nur direkt vorgefertigte Farben. Zum Glück sind auch schon seit einigen Jahren die Zeiten vorbei, in denen es notwendig war, die Farben selbst zu mischen. Ich denke wir profitieren alle sehr von der Spezialisierung, die auch in der Welt des Tätowierens Einzug genommen hat. Wenn es also Firmen gibt, die sich auf die Herstellung von Tattoofarben spezialisiert haben, dann steigt dadurch auch rapide die Qualität des Endprodukts. Das einzige was ich mixe sind Übergangstöne, indem ich eine Farbe mit einer anderen Farbe mische, um einen gewünschten vorher nicht vorhandenen Farbton zu kreieren.

 

5. Wie schaut es mit der Nachpflege aus? Welche veganen Produkte und Firmen kannst du da empfehlen?

Ich habe schon einiges an Pflegemitteln ausprobiert und unterhalte mich gerne mit jedem darüber, der selbst positive und negative Erfahrungen mit einem gewissen Produkt gemacht hat, da der Zustand der Haut selbst ein nicht zu unterschätzender Faktor für das Endergebnis des Tattoos darstellt. Ich persönlich bin auf der „Heile Heile Tattoo„-Salbe hängen geblieben, habe aber auch schon viele gutes von den Produkten von TattooMed, Dr.Pickles, H2Ocean sowie handelsüblichen Salben wie z.B.: der Hametum-Salbe gehört. Im Endeffekt gilt hier leider „Probieren geht über studieren“. Jeder Hauttyp ist anders, jeder verträgt ein anderes Produkt, was bei dem einen super funktioniert, kann für den anderen leider der totale Reinfall sein. Habt ihr einmal ein Produkt gefunden, das gut funktioniert, rate ich bei diesem zu bleiben.

 

6. Warum bist du vegan geworden und wie kam es zu der Entscheidung, Tätowierer zu werden?

Der Grund, aus dem ich Veganer geworden bin, hat mit rein ethischen Gründen zu tun, obwohl ich natürlich auch massiv von den gesundheitlichen Vorzügen profitiere (konkreter: seit ich Veganer bin, treten bei mir keine Anzeichen einer Sonnenallergie mehr auf). Ich bin nun seit beinahe 7 Jahren Veganer (wohl gemerkt ohne dadurch jemals irgendwelche Mangelerscheinungen aufzuweisen) und war vorher seit meinem 12. Lebensjahr Vegetarier. Den Ausschlag zum Umstieg gab bei mir die Tierrechtsinitiative Maqi. So umstritten diese auch sein mag, für mich war ihre Kampagne „Vegetarier sind Mörder“ genau der richtige Weg. Zunächst war ich sehr schockiert und empört über den Inhalt, doch nachdem ich die Materie habe sacken lassen, war mir bewusst, dass alles, was sie beschrieben, der Wahrheit entspricht, und es für mich keinen Weg um den Veganismus herum gibt. Es gibt viele Wege, die zum Veganismus führen, ich denke jeder hat seine Berechtigung und findet Anklang bei dem einen oder anderen Menschen, falls keine grundsätzliche Abneigung gegen diese Thematik vorhanden ist.
Zum Tätowieren bin ich tatsächlich mehr über Umwege gekommen. Bereits seitdem ich 4 oder 5 war, hatte ich durch eine meiner Schwestern Kontakt zum Körperkult, welcher sofort eine enorme Anziehung auf mich ausübte (ich war im Alter von 5 fest davon überzeugt mir so schnell wie möglich die Zunge spalten zu lassen, ein Wunsch, den ich heute nicht mehr mit mir herumtrage). Ebenso faszinierte mich seitdem ich zum ersten Mal durch den Besuch eines Museums mit klassischer Malerei in Berührung kam, die Anmut und Perfektion dieser Gemälde. Mit der Zeit entwickelte sich meine Interesse an Malerei jedoch zu immer abstrakteren Ergebnissen. Ich war gebannt von der Kraft, die Farben in einer gewissen Anordnung auf den Menschen hatten. Der Kunstunterricht in der Schule beflügelte mein Interesse und meinen Horizont. Ich erkannte für mich, dass Kunst an sich permanent entwickelnder Prozess ist. Nun ja, die Zeit in der Schule ging vorbei und die Frage nach der Zeit danach wurde immer lauter. Zwar experimentierte ich leidenschaftlich mit Farbe und Leinwand, hatte jedoch Angst aufs ganze zu gehen und zu versuchen, damit meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Also wand ich mich wieder dem Interesse an der menschlichen Haut als Medium zu. Ein schönes Gleichgewicht aus ästhetischer Darstellung und handwerklicher Anforderung.

 

bil17. Welche Kunden kommen zu dir und was stichst du am häufigsten?

Zu mir kommen meistens Personen, die meinen Stil und die Mühe, die ich in jedes Motiv stecke, zu schätzen wissen. Am liebsten sind mir zur Zeit Tiermotive oder Menschenköpfe, da die Augen eines jeden Tieres sehr viel Emotion transportieren können- was jedoch nicht heißen soll, dass ich nicht bereit wäre, auch kleine simple Motive wie hier und da die eine oder andere Schrift zu tätowieren. Ich denke das erinnert einen gut daran, dass man es als Tätowierer auch mit Personen als Medium zu tun und nicht nur ihrer Haut. Das häufigste Motiv in Berlin waren bisher Eulen.

 

Vielen Dank für deine Zeit und deine Antworten Dennis. Weiterhin herausstechenden Erfolg für dich!

 

Zusatz: Natürlich sollte eine Tätowierung gut überlegt sein, immerhin schmückt sie den eigenen Körper ein Leben lang. Sucht euch deswegen das Studio gut aus und achtet auf sterile Geräte und saubere Arbeitsflächen. Nutzt die professionelle Beratung und baut Vertrauen zu eurem Tätowierer auf. Im Internet findet ihr vegane Tätowierer in eurer Umgebung. Was die Farben angeht gibt es bei Peta2 eine tolle Übersicht .