Vegan ist bunt. Vegan ist vielfältig. Vegan ist spannend, von A bis Z. Heute geht es weiter mit der Serie „The Vegan ABC“. In Zukunft werdet ihr alle 14 Tage – jeden zweiten Dienstag – über ein Thema aus der veganen Welt lesen, ob über „B-Vitamine“ bei B, „Gesundheit“ bei G oder „Zukunft“ bei Z. Viel Spaß!

C wie… die Campbells und die China Study

Milch ist gut für die Knochen. Fleisch enthält viel Eisen. Omega-3-Fettsäuren sind nur in Fischen enthalten. Hoher Eiweißbedarf lässt sich nur mit tierischem Protein decken. Joghurt ist gut für die Verdauung. Die Erde ist eine Scheibe und das Zentrum unseres Universums.

Milchkonsum fördert die Ausscheidung von Calcium. Pflanzen enthalten im Schnitt weitaus mehr Eisen als Fleisch. Leinöl ist reich an Omega-3-Fettsäuren. Pflanzliches Eiweiß kann vom Körper sehr gut verwertet werden. Tierisches Eiweiß fördert die Entstehung von Darmkrebs. Die Erde ist ein Rotationsellipsoid und kreist in einer elliptischen Umlaufbahn um die Sonne.

Welche Wahrheit wollen wir glauben?
Welche Wahrheit will ich glauben?

Diese Frage stellte ich mir immer und immer wieder zu Beginn meiner veganen Laufbahn. Wie so viele Menschen war ich mit den „Wahrheiten“ aus dem ersten Abschnitt aufgewachsen. Als Kind trank ich an manchen Tagen mehr als einen Liter Milch am Tag, als Teenager war ich davon überzeugt, dass mein Darm ohne Joghurt seinen Dienst verweigern würde, und als Sport treibende Studentin war mageres Hähnchenbrustfilet für mich die Eiweißquelle schlechthin. Nur wer hatte mir das alles beigebracht? Ein wenig meine Eltern, Lifestylemagazine, Werbung, Werbung, Werbung, und – die über allem schwebende, herrschende Meinung. Und gegen Letztere kommt der Mensch ganz schlecht an. Was alle sagen kann nicht ganz falsch sein.

Oder etwa doch? Leise Zweifel begannen an mir zu nagen, als ich das erste Mal wirklich begriff, was Kuhmilch tatsächlich ist. Kein Wundergetränk, kein Lebensmittel, kein Allheilmittel. Sondern Muttermilch. Eines weiblichen Rindes für seinen Nachwuchs. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Kennt ihr die farbigen 3D-Bilder, auf die man eine ganze Weile starren muss, bis sich das Bild endlich vor den Augen entwickelt? Hat man es einmal, wird man es nicht mehr los. Und kann nicht verstehen dass man es vorher nicht gesehen hat. So in etwa war mein Empfinden im Moment in dem es „Klick“ machte.

Ich begann weiter und weiter zu forschen. Lernte die Wahrheiten aus dem zweiten Absatz kennen. Und fragte mich, warum in aller Welt mir das niemand vorher gesagt hatte. Aber halt: Wer hätte mir das auch sagen sollen? Meine Eltern hatten ihr Wissen ihrerseits von ihren Eltern. Lifestylemagazine sind nicht gerade für ihre fundierten Recherchen bekannt. Die Werbung hat ein anderes Interesse. Und die herrschende Meinung kann sowieso nur der liebe Gott ändern.

Die China Study

Zum Glück stieß ich recht bald auf ein Buch namens „The China Study“. Die Autoren T. Colin Campbell und Thomas M. Campebll – übrigens Vater und Sohn – stellen die „umfassendste Studie über Ernährung, Lebensweise und Krankheit in der Geschichte der biomedizinischen Forschung“ [Text auf der Rückseite des Einbandes] vor. Es wurden und werden immer noch Ernährungsgewohnheiten und das Auftreten von Krankheiten in 65 chinesischen Landkreisen über Jahrzehnte hinweg untersucht. Zusätzlich werteten sie über hundert weitere ernährungswissenschaftliche Studien aus. Das Ergebnis ihrer Forschungen ist eindeutig: Es besteht ein hoch signifikanter positiver Zusammenhang zwischen dem Konsum tierischen Proteins und dem Auftreten von chronischen Erkrankungen wie Krebs, Herzerkrankungen, Diabetes oder Autoimmunerkrankungen.

Ich las das Buch im ersten Monat meines Veganerinnendaseins und war danach vollends überzeugt. Ich hatte das beklemmende Gefühl, dass man mich mein ganzes Leben lang angelogen hatte, meine Eltern, der Staat, die Industrie, die Gesellschaft. Erst war ich enttäuscht. Dann wütend. Und dann fest entschlossen, mich nicht weiter für dumm verkaufen zu lassen.

Jedem, der beschließt, sich vegan zu ernähren, empfehle ich die „China Study“ uneingeschränkt – sie wird euch bestätigen, Mut machen und motivieren. Das Buch ist mittlerweile auch in deutscher Sprache erhältlich und liest sich spannend wie ein Roman. Das Schöne ist, dass die Autoren nicht mit erhobenem Zeigefinger auftreten und vollkommen ohne Belehrungen auskommen. Sie stellen ihre Ergebnisse glaubwürdig vor, und ziehen daraus erstaunliche, revolutionäre, wunderbare Schlüsse – und überlassen es dem Leser, sich seine eigene Meinung zu bilden.

Am Ende bleibt nur eine Frage: Welche Wahrheit wollt ihr glauben?