Vegan ist bunt. Vegan ist vielfältig. Vegan ist spannend, von A bis Z. Heute starten wir die Serie „The Vegan ABC“. Alle ein bis zwei Wochen werdet ihr über ein Thema aus der veganen Welt lesen, ob über „B-Vitamine“ bei B, „Gesundheit“ bei G oder „Zukunft“ bei Z. Viel Spaß!

 

A wie… Abolitionismus

„Was? Abolitionismus? Kannst du das bitte mal buchstabieren?“ Klar: A-b-o-l-i-t-i-o-n-i-s-m-u-s.  Ein ziemlich sperriges Wort für einen Ansatz, der eigentlich einfach zu verstehen, und trotzdem oft schwierig umzusetzen ist. Aber der Reihe nach.

Fragt man Wikipedia, bezeichnet Abolitionismus historisch gesehen„eine Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei“. Analog verfolgt der abolutionistische Ansatz in Bezug auf Tierrechte (bekannt ist hier z.B. derjenige von Gary L. Francione) das Ziel, die Ausbeutung von Tieren abzuschaffen, anstatt nur auf eine Verbesserung ihrer Haltungs- und Lebensbedingungen hinzuwirken. Eigentlich könnte man auch formulieren: Veganismus ist Abolitionismus – oder sollte es zumindest sein.

Ich stimme dem Abolitionismus voll und ganz zu – und vermeide in Gesprächen zum Thema Veganismus trotzdem meist seine Erwähnung. Ich rede über leckeres Essen, gesundheitliche Vorteile der pflanzlichen Kost, Welternährung, Regenwaldabholzung, Klimawandel. Wenn ich ganz mutig bin, erzähle ich meinem Gegenüber auch von furchtbaren Haltungsbedingungen und den entsetzlichen Zuständen in den Schlachthäusern. Das Wort „Tierrechte“ fällt bei mir aber trotz allem fast nie.

Warum? „Tierschutz“ ist für die meisten Menschen noch ein Begriff, mit dem sie sich identifizieren können. Tierschutz bedeutet, Krötengräben auszuheben, in Stuttgart für den Schutz des Juchtenkäfers zu demonstrieren und  im Winter Meisenknödel aufzuhängen. Aber „Tierrechte“? Sind Menschen, die Tieren Rechte einräumen wollen, nicht einfach nur sentimentale Weltverbesserer? Ich befürchte, dass mein Gesprächspartner genau dies denkt – meistens tut er/sie das auch – und schweige. Mit schlechtem Gewissen.

Ein ähnlich seltsames Gefühl beschleicht mich manchmal bei meiner Art des Aktivismus. Ich blogge und versuche meine Freunde dazu zu bewegen, einmal die Woche vegan zu kochen – anstatt sie von der Notwendigkeit des Veganismus an sich zu überzeugen. Ich unterschreibe Petitionen für die Beschränkung von Tiertransporten auf höchstens acht Stunden – obwohl ich viel lieber ihre Abschaffung fordern würde. Ich gehe für den Ausstieg aus der Massentierhaltung auf die Straße – anstatt den Ausstieg aus jeglicher Tierhaltung zu fordern.

Zwischenziele – inkonsequent oder sinnvoll?

Ein kleiner Teil von mir findet das inkonsequent. Ein großer Teil aber sieht einen Sinn in diesen Zwischenzielen. Manche Menschen erreicht man nicht über Tierrechte – sondern über veganes Tiramisu. Nicht über schmerzhafte Bilder von misshandelten Tieren – sondern über ihre Sorge um die eigene Gesundheit. Ich hoffe immer, dass ich die Menschen ein wenig da abholen kann, wo sie gerade stehen, egal wo das auch sein mag. Um letztendlich das große Ganze zu verwirklichen, das Ziel des Abolitionismus zu erreichen: Die Ausbeutung der Tiere Vergangenheit sein zu lassen.

Denn schließlich ist es ganz einfach: Es geht nicht darum, einem Schwein das Recht auf Bildung einzuräumen. Oder einer Kuh das Recht auf einen KiTa-Platz für ihren Nachwuchs. Es geht um grundlegende Rechte: das Recht auf ein Leben, das den Bedürfnissen des Individuums entspricht, ein Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung innerhalb des für das jeweilige Lebewesen möglichen Rahmens, ein Recht darauf, von niemandem als Besitz betrachtet zu werden. Diese Vision bedeutet nicht, dass irgendwann einmal der Löwe und die Antilope Gras kauend und friedlich nebeneinander liegen. Der Löwe hat in diesem Fall keine Wahl. Wir in unserem schon.