Ich habe Mario über ein Seminar im extraVeganz kennengelernt –  der Kurs beschäftigte sich mit der Faszination und den Vorteilen des Rohkostkakaos. Ich war damals schon fasziniert von den Inhaltsstoffen des Kakaos und den vielen Anwendungsbereichen. Mario ist Lebensmitteltechnologe und hat somit die studierte Basis, Produkte und ihre Funktionen im Körper zu verstehen und auch erklären zu können. Er hat mit seiner Partnerin Ariane „Das Licht in uns“ gegründet, bietet darüber Yoga, Ayurvedische Wellnessprogramme und Food-Coachings an. Bei ihm kann man Kakao und andere Superfoods bestellen oder ihn persönlich donnerstags auf dem Ökomarkt am Kollwitzplatz oder samstags auf dem Bötzowmarkt in Berlin besuchen gehen. Zusätzlich gibt Mario Seminare und hält Vorträge zum Thema Kakao, Gesundheit und Selbstfindung an. Er hat uns während der Rohkostwochen mit seinen Kakaobohnen und Kakaonibs unterstützt und wer meine Posts gelesen hat, weiß, wie lecker ich diese fand und finde und wieviel „Suchtpotential“ die kleinen Bohnen haben. Er war so nett und hat sich die Zeit genommen, uns ein paar Fragen zu beantworten.

1. Seit wann bist du Rohköstler und was hat dich dazu bewegt, dich rohköstlich zu ernähren?
Gesunde Ernährung begleitet mich schon eine ganze Weile. Während der Oberschulzeit habe ich viel Salat sowie frisch zubereitete Sachen gegessen und fleißig meine Apothekerzeitung gelesen. Später, auf der Suche nach einem für mich passenden Studienplatz, hat der Studiengang Lebensmitteltechnologie meine Aufmerksamkeit gewonnen. Genau mein Thema, dachte ich! Ich beschäftigte von da an in meiner Freizeit noch intensiver mit dem Thema Ernährung und Nahrung. Im Studium lernte ich viel über die industrielle Verarbeitung lebendiger Rohstoffe zu neuzeitlichen „Lebens“mitteln. Ich kam relativ schnell zur Einsicht, dass dieser Begriff bei vielen Produkten durch Nahrungsmittel ersetzt werden sollte. Denn das, was wir da so täglich an Konservierungs-, Aroma-, Farb-, Geschmacks- und Giftstoffen zu uns nehmen – ganz zu schweigen von den auf feinstofflicher Ebene wirksamen Maschinenschwingungen – hat nicht mehr viel mit Lebendigkeit zu tun. In so ziemlich jeder Lebensmittelfabrik geht es wirklich ohrenbetäubend laut zu. So entwickelte ich mich in den ersten Studienjahren von meinem Essverhalten her genau in die entgegengesetzte Richtung dessen was wir gelernt bekamen. Dies gab mir ab einem späteren Punkt im Hauptstudium auch zu denken, wieso ich dieses überhaupt fortführte…

Der Übergang zur Rohkost wurde schließlich durch meine Partnerin Ariane eingeleitet. Sie arbeitete einige Zeit bei dem Früchteversand Orkos und berichtete völlig begeistert von ihren tollen Erfahrung mit der Rohkosternährung. So stellten wir uns gemeinsam relativ rasch auf Rohkost um. Das war vor ca. 7 Jahren. Bei mir hat jedoch die Eingewöhnungszeit mit den s.g. „Rückschlägen“ etwas länger gedauert ;) Wir haben möglichst weitgehend nach der instinktiven Rohkostlehre gegessen und Unmengen an Rohköstlichkeiten bei Orkos bestellt. Es war der Anbruch einer sehr interessanten ganzheitlichen Wandlungszeit.

2. Welche Änderungen hast du an dir bemerkt nach der Umstellung?
Diese Frage kann ich dir aus zwei Sichtweisen beantworten. Zum Positiven geändert hat sich in jedem Falle mein Geschmacksempfinden – die qualitativ hochwertigen Produkte haben bei entsprechendem Bedarf sehr gemundet und mir ein bis dato unbekanntes und lebendiges Frischeerlebnis beschert. Ebenso tat sich mir eine noch nie dagewesene Fülle an Naturköstlichkeiten auf, von denen ich vorher weder gehört noch gesehen habe – wie z.B. Durian, Jackfrucht, Cherimoya, die ganzen Bananen-, Avocado- Nuss- oder Dattelsorten. Ich habe eine völlig neue Art zu leben und ganz andere Menschen kennengelernt. Ich interessierte mich für andere Dinge, öffnete meinen Geist für spirituelle Themen und allgemein meinen Horizont. Ich wurde sensibler, langsamer in meinem Tun, habe vieles gelassener genommen und konnte viele meiner alten Muster Stück für Stück auflösen und mich immer mehr aus dem gesellschaftlichen Rad befreien (gedanklich und auch real). Und meine ungeliebten Mandelentzündungen und andere äußerliche Entzündungsherde waren von nun an passé – wie erleichternd! Das Intimleben mit meiner Partnerin wurde zwar seltener, aber viel erfüllter, langanhaltender und langsamer. Außerdem haben wir ab einem bestimmten Punkt auf Verhütungsmittel verzichtet, da sie ihre natürlichen Zyklen viel sensibler wahrnahm. Dennoch erlebte ich keinen Hype oder dieses Hochgefühl, dieses Überströmen von Energie, von dem einige Menschen nach der Umstellung berichten. Ich fühlte mich körperlich ähnlich gut wie vorher. Doch wie angedeutet gibt es auch eine für mich weniger freudvolle Seite der Medaille. Ich habe ca. 8 kg abgenommen und während der ganzen Zeit mein neues Gewicht behalten, mit dem ich mich jedoch nicht identifizieren konnte. Meine Zähne haben ein wenig gelitten, was wahrscheinlich von dem anfänglich hohen Obst- und Trockenfrüchteverzehr kam. Ich tendierte auch zum Überessen – gegessen habe ich schon immer gern ;) – was bei Rohkost jedoch sehr unangenehm werden kann. So hatte ich dann als direkte Folgeerscheinungen einen Blähbauch, Bauchkrämpfe bis hin zum Stechen (von bestimmten Obstenzymen oder von der Fructose?) oder ein Kältegefühl. Außerdem schottete ich mich immer mehr ab, war fast nur noch zuhause oder in der Natur, weil ich mich nirgends so richtig wohl fühlte – schon gar nicht bei Familien- oder anderen Feiern. Selbst meine geliebten Dekoinstallationen für Psytranceparties habe ich sein gelassen. Die dortigen Energien waren einfach nicht mehr meine. Restaurantbesuche waren natürlich auch vorbei. Jetzt im Nachhinein habe ich das Gefühl, dass ich in bestimmten Lebensbereichen immer introvertierter, ängstlicher und unsicherer wurde – v.a. gegenüber anderen Personen. Mit einigen Menschen habe ich den Kontakt beendet und die Diskrepanz zwischen mir und meinen Eltern wurde immer größer. Ich habe von anderen Rohkostinspirierten auch ein Gefühl des Dogmatismus wahrgenommen, der nach meiner Ansicht sehr stark in der Rohkost- und Veganszene vertreten ist…das darf sich ruhig ändern ;)

3. Aus der Ernährungsumstellung wurde dann irgendwann sogar ein Beruf. Wie kam es dazu und was machst du genau?
Nach meinem Vordiplom bin ich für ein Betriebspraktikum in die Schweiz gegangen. Ich habe für ein Maschinenbauunternehmen gearbeitet, welches u.a. Maschinen für die Schokoladenindustrie herstellt. Wir haben in der Versuchsanlage für diverse Unternehmen Schokoladen- und Halbfabrikate produziert. Die Arbeit, das wunderschöne Land und die netten Leute gefielen mir so sehr, dass ich statt 2 Monate über ein Jahr blieb. Während dieser Zeit habe ich viel über dieses Thema gelernt. Nach meiner Rückkehr an die Uni erfolgte die Umstellung auf Rohkost. Gleichzeitig habe ich eine Vorlesung über Schokoladentechnologie an meiner Fakultät gehalten und bin dabei auch auf ethische und ökologische Hintergründe eingegangen. Danach verlief sich das Thema etwas im Sande – ich habe weiterhin aber liebend gern Rohkakao gegessen. Vor einigen Monaten dann wurde der Drang, verschiedene Visionen von mir zu verwirklichen, sehr stark. Und so habe ich den Sprung in die Selbständigkeit (=Unabhängigkeit) gewagt. Ich habe neben einigen anderen Dingen zunächst öffentliche Vorträge über Kakao und Schokolade gehalten. Dieses Thema wurde in dieser Zeit wieder so stark in mir, dass der Wunsch aufkam mich darauf zu spezialisieren und u.a. die größte Auswahl an Rohkakaosorten anzubieten, die es hierzulande gibt. Daran arbeite ich nun eifrig. Gleichzeitig baue ich noch ein ausgewähltes Trockenfruchtsortiment bester Qualität auf. Und für alle Kunden, die am herb-bitteren Geschmack rohen Kakaos noch keinen rechten Gefallen finden, bieten wir handgemachte Energie-Fitness-Trüffel an. Unsere Artikel findet ihr an unseren Ständen auf diversen Berliner Wochenmärkten, in verschiedenen Bio- und Feinkostläden oder auf unserer Internetseite.

Ein weiterer Wunsch von mir ist eine Handelsbeziehung mit Sri Lanka aufzubauen. Ich habe schon einmal frische Tropenfrüchte aus diesem wundervollen und ursprünglichen Land importiert. Für einen regelmäßigen Import brauchen wir allerdings noch mehr Interessenten – damit wir euch zu relativ günstigen Preisen frische Tropenfrüchte anbieten können.

4. Was sind deine persönlichen 3 Tipps für alle Rohkost-Einsteiger?
Viele „Experten“ empfehlen vieles. Doch jeder Mensch ist so einzigartig, dass ich mich vor sehr spezifischen Empfehlungen eher distanzieren möchte. Ich empfehle daher allgemein eine ausgewogene Mischung aus allem – versagt euch nichts und unterstellt euch keinem Rohkost-Guru, der euch vorschreibt, wie ihr zu essen habt. Nur weil eine bestimmte Ernährungsform für ihn passt, heißt das nicht, dass sie auch für euch bestimmt ist. Und ganz nebenbei kam schon öfter der Wink, ob jeder, der vorgibt 100 % rohköstlich zu essen, dies auch tut. Sehr wichtig finde ich noch nur biologisch angebaute und reife Produkte zu essen. Obst bekommt ihr reif nur frisch gepflückt/aufgesammelt oder bei Versandhändlern, jedoch nicht in Bioläden. Dort ist alles eher unreif und kann euren Körper auf die Dauer auslaugen.
Und: Hört auf euren Körper! Wenn er euch signalisiert, dass ihr mit der Rohkost oder einer bestimmten Rohkostform gegen die Wand lauft, geht einen neuen Weg. Seid nicht dogmatisch – das bringt euch nichts. Das gilt insb. für die veganen Rohköstler. Ich z.B. esse nun auch Reis, Maisgries oder Hirse, ab und an leicht Gedünstetes und nehme Nahrungsergänzung – so geht es mir wieder viel besser als während meiner ausschließlichen Rohkostphase.

Vielen Dank für das Interview und deine Offenheit lieber Mario und weiterhin viel Erfolg.