Vegan sein, das bedeutet auch immer einen verkleinerten ökologischen Fußabdruck. Für mich war der Aspekt des Umweltschutzes ein fast so gewichtiger Grund für Veganismus wie meine moralischen Bedenken, was das Leid der sogenannten „Nutztiere“ betrifft. Ich stellte jedoch schnell fest, dass eine vegane Ernährung zwar ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist, dass es aber gleichzeitig andere, nicht weniger schwerwiegende Baustellen auf unserem Planeten gibt, die nur dann behoben werden können, wenn sich unser generelles Kauf- und Konsumverhalten nachhaltig verändert. Eine der größten dieser Baustellen besteht aus Plastik.

Plastic Planet

Plastik ist allgegenwärtig

Sportgeräte, Spielzeug, Kleidung, Aufbewahrungsboxen, Elektrogeräte, Lebensmittelverpackungen, Spielsachen…. Jeder von uns hat eimerweise Plastik im Haus. Ich auch. Der Lampenschirm meiner Schreibtischlampe ist aus Plastik, genauso wie das Gehäuse meines Laptops, meines Druckers, meines Radioweckers. Meine Kaffeemaschine, mein Wasserkocher, der Toaster, der Staubsauger, der Griff des Backofens, der Großteil meiner Schuhe, meine Winterjacke, meine CD-Hüllen, drei oder vier meiner Rührschüsseln, meine Schöpfkelle, die Griffe meiner Kochmesser, meine Aufbewahrungsboxen für Essensreste, mein Kühlschrank, mein Haartrockner, mein Rucksack, der Anteil synthetischer Fasern in meiner Kleidung, der Klappstuhl, der Reisekoffer, zwei meiner Schneidebretter und meine Salatschleuder. Alles aus Plastik. Und wenn ich genauer hinsehe, ist unter Garantie noch viel mehr Kunststoff in meinem ganz persönlichen Alltag zu finden!

 

Eintauchen in die bunte Welt der Polymere 

Beim österreichischen Filmemacher Werner Boote gab es Plastik ebenfalls in rauhen Mengen. Bootes Großvater verdiente in der Polymerbranche sein Geld und so wurde dem Enkel eine sehr innige Beziehung zu diesem Rohstoff in die Wiege gelegt. Grund genug für den erwachsenen Werner Boote, das Thema Plastik genauer unter die Lupe zu nehmen. Herausgekommen ist die Dokumentation Plastic Planet (2010), die mit sehr viel Witz und Selbstironie sowie einigen, auf den ersten Blick etwas merkwürdig erscheinenden, Aktionen die bunte Welt der Polymere demontiert.

Werner Boote spricht mit Plastikmagnaten aus Europa, den über die gesundheitlichen Gefahren weitestgehend unaufgeklärten Arbeitskräften in chinesischen Fabriken, mit Studenten, die einmal jährlich einen wunderschönen Strand von all dem Plastikmüll befreien, den das Meer anschwemmt (- viele, viele LKW-Ladungen voll!), mit Naturwissenschaftlern und Medizinern, er schmust mit Plastikspielzeug, beklebt in Plastik eingepackte Ware im Supermarkt mit dem Warnhinweis „Plastic kills“ und lässt sich sein Blut auf Plastikpartikel untersuchen und sich dann erklären, dass die Bisphenol A Konzentration in seinem Blut so hoch ist, dass seine Zeugungsfähigkeit um etwa 40% beeinträchtigt ist.

Bisphenol A ist einer der am häufigsten verwendeten Weichmacher in Plastikwaren, ein Stoff, der in seiner Zusammensetzung dem Hormon Östrogen ähnelt, womit nun auch der Zusammenhang zwischen verringerter Zeugungsfähigkeit und dem allgegenwärtigen Plastik hergestellt wäre. Bisphenol A bleibt für gewöhnlich nicht in den Polymeren gebunden, sondern löst sich mit der Zeit und gelangt in die Umwelt, z.B. in unser Mineralwasser, das wir hauptsächlich in Plastikflaschen transportieren, in unsere Lebensmittel, die in Plastik eingepackt sind, in den Mund von Kleinkindern, die auf billigem Plastikspielzeug kauen usw.

Doch nicht nur unsere Gesundheit, sondern auch und insbesondere der empfindliche Kreislauf der Weltmeere wird durch Plastik nachhaltig aus dem Gleichgewicht gebracht. Und es geht hier nicht nur um die sichtbaren Plastikstücke, die mittlerweile in gigantischen Müllstrudeln durch die Meere treiben. Es geht um klitzekleine Plastikpartikel, die von Fischen und Kleinstlebenwesen gefressen werden und die den sicheren Tod dieser Lebewesen bedeuten. Überfischung ist also bei Weitem nicht das einzige Problem unserer Ozeane, ein Zusammenhang, den Plastic Planet ganz besonders hervorhebt.

 

Nicht nur für Veganer

Plastic Planet ist kein Film über Veganismus, Massentierhaltung oder Schlachthäuser. Plastic Planet ist auch kein Katastrophenfilm. Ganz im Gegenteil, denn der Film verbindet die Elemente eines stinknormalen Dokufilms mit grotesker Satire, viel Wortwitz und dem Imperfektionismus des „Feldforschers“ Boote, der sich auch für die skurrilsten Situationen und Fragen nicht zu schade ist. Allerdings ist Plastic Planet weit mehr als nur Comedy und auch wenn er mit einem Augenzwinkern doziert, ist sein Inhalt ernst zu nehmen, wirft er doch die immer dringlicher werdende Frage auf, wie viel Plastik denn überhaupt sein muss und ob und wie lange die Selbstverständlichkeit und Allgegenwart des bunten „Wunderstoffes“ für die Menschheit und den Planeten überhaupt noch tragbar ist.

Tolle Tipps zum Vermeiden von Plastik im Alltag hat übrigens Birdie, die auch für DIV schreibt, zusammengetragen!